Die Stimmzettel sind abgegeben, die Wahl ist entschieden und der Rat der Gemeinde beschlossen. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Politik sei für die nächsten fünf Jahre ins Rathaus zurückgekehrt und die Einflussnahme des Bürgers vorbei. In Wirklichkeit beginnt der Apparat der Kommunalpolitik erst hochzufahren – mit neuen und „alten“ Gesichtern. Für unsere Zeitung haben sich das jüngste und das erfahrenste Ratsmitglied getroffen
Am 3. November wird der Rat mit einigen neuen Gesichtern, wie Marc Philipp Schmidt (20) von der CDU – dem aktuell jüngsten Mitglied des Rates – und vielen vertrauten Namen, wie Marita von Garrel (76) aus der selben Fraktion, zum ersten Mal zusammentreffen. Letztere ist die wohl politik-erfahrenste im Rat und vertritt bereits seit 2012 ihren Wahlkreis in Anröchte.Es lohnt ein Blick auf die Ziele der beiden Kommunalpolitiker für die anstehende Wahlzeit. Es sei vorweggenommen: Die Gemeinde steht vor Aufgaben, die es zu bewältigen gilt und vor Brücken, die es zu schlagen gilt – von alter Mobilität hin zu moderner, von Bequemlichkeit zu mehr Umweltschutz.
Marc Philipp Schmidt ist seit vielen Jahren in Anröchter Vereinen tätig, wie zum Beispiel dem TuS 06. An der Stelle bekomme man manche politische Entscheidungen mit, die den Verein betreffen. „Ich habe mich teilweise gewundert, warum manches in der Politik so lange gedauert hat“, erzählt der 20-Jährige. „Deshalb habe ich den Entschluss gefasst: Ich möchte da mal rein, mir das ein bisschen angucken.“
Damit war der Grundstein für seine Kandidatur gelegt. Er besuchte die Sitzungen der CDU und informierte sich über die Aufgaben des Rates der Gemeinde. „Ich weiß noch nicht, ob ich im Rat selber Diskussionen anstoßen kann“, gibt Schmidt zu; doch Marita von Garrel ist sich sicher, dass jeder im Rat auch seine Vorstellungen präsentieren kann: „Aber wenn man eine Idee hat, muss man sie auch mit Argumenten untermauern.“
Dazu förderlich sind stets Gespräche mit den Bürgern Anröchtes, die neue Impulse geben und den Politikern verständlich machen, in welchen Bereichen es noch hakt. Ob nun beim Spaziergang mit dem Hund oder im Sportclub, man könne sich auch nach dem Wahlkampf noch an die Vertreter im Rat wenden, weiß Marc Philipp Schmidt.
„Ich hoffe, dass die Leute bei Problemen auf mich zugehen“, möchte er verstanden wissen. Nicht nur Schmidt interessiert sich für das Vereinswesen in Anröchte, sondern auch seine Parteikollegin von Garrel ist in entsprechenden Ausschüssen aktiv. Die moderne Sportstättenförderung für Mellrich und Anröchte ist daher nicht nur für das jüngste Ratsmitglied ein „Steckenpferd“, wie es hervorhebt. „Wo in unserer Kommune das Geld hinfließt und inwieweit ich Einfluss auf die Ausgaben nehmen kann“, so Marita von Garrel, „hat mich schon immer interessiert.“ Das sei wohl auch ihrem Beruf als Steuerberaterin geschuldet, sagt sie schmunzelnd und ergänzt: „Die Sanierung des Feuerwehrhauses stehe ebenfalls an und die Sekundarschule brauche neue Konzepte, um wieder an Ansehen zu gewinnen. All das verursache natürlich Kosten.“
Als persönliches Ziel beschreibt Marc Philipp Schmidt für die anstehende Wahlperiode auch die Verbesserung der Mobilität. Das Radwegekonzept stehe hier im Mittelpunkt. Das sieht die Dienstälteste im Rat der Gemeinde ähnlich und ergänzt: „Wir dürfen es uns nicht bequem machen und die Umwelt aus dem Auge lassen.“ Dies betreffe auch die Frage über die Zukunft der heimischen Wälder. Es ist beiden wichtig, Anröchte „lebenswert“ zu gestalten, wie sie herausstellen.
„Es ist eine Freude, wenn man mit dem Fahrrad durch den Ort fährt und sieht, wie gut der Generationenplatz oder die Spielplätze angenommen werden“, sagt von Garrel stolz, im Wissen um die eigene Beteiligung an den Projekten.
Bald wird auch Schmidt auf seine ersten Ratsbeschlüsse zurückblicken können. Noch vor seiner Kandidatur hatte er sich bereits für den Glasfaserausbau eingesetzt und stand den Bürgern beim Informationsstand im Ortskern beratend zur Seite.
Marita von Garrel, die bereits seit rund vierzig Jahren Politikerin auf den verschiedensten Ebenen ist, freut sich über das Engagement ihres jungen Kollegen im Gemeinderat.
Es scheinen, ihrer Ansicht nach, wieder mehr junge Leute Begeisterung an der Kommunalpolitik zu finden. Das habe sie auch im Wahlkampf gemerkt: „Ein Interesse für die Wahlthemen seitens der Jugendlichen war immer schon da, aber dieses Jahr war es stärker.“
Marc Philipp Schmidt hofft, dass künftig, neben den bereits engagierten, weitere Jüngere Einzug in die Politik halten werden. „Beim Fußball bekommt man auch einmal einen blöden Spruch, das ist klar“, meint der 20-Jährige. Aber die Beteiligung an politischen Entscheidungen sei es wert.